Unsere Welt steht an einem Punkt, an dem ethische Grundsätze zunehmend an Bedeutung verlieren. Immer mehr Bereiche – Wirtschaft, Politik, Medien, ja selbst soziale Institutionen – scheinen sich von den Grundlagen moralischer Verantwortung zu lösen. Wenn Handeln nicht mehr an Werten orientiert ist, sondern an Macht, Profit oder persönlichem Vorteil, dann verschiebt sich das Gleichgewicht unserer Gesellschaft.
Wird dieses Gewebe zerschnitten, entstehen Kälte, Misstrauen und Entfremdung. In vielen Führungsebenen beobachten wir eine Form von strukturellem Narzissmus – Systeme, die sich selbst erhalten, statt dem Gemeinwohl zu dienen. Entscheidungen werden getroffen, um kurzfristige Gewinne zu sichern oder Macht zu stabilisieren, während Verantwortung, Mitgefühl und Menschlichkeit auf der Strecke bleiben.
Die Gier nach Geld und Einfluss hat sich vielerorts zum obersten Maßstab entwickelt. Dabei werden jene Werte, die einst das soziale Zusammenleben trugen – Solidarität, Respekt, Ehrlichkeit und gegenseitige Fürsorge – zunehmend abgewertet oder als naiv betrachtet. Die moralische Substanz, die eine Gesellschaft trägt, wird ausgehöhlt, wenn Menschen zu bloßen Funktionen in einem ökonomischen System degradiert werden.
Besonders sichtbar wird dies in der schwindenden Wertschätzung der Lebenswelten von Menschen. Der soziale Raum – dort, wo Gemeinschaft entsteht, wo Menschen sich begegnen, wo Empathie und Verantwortung wachsen – wird vernachlässigt. Statt Orientierung am Leben der Menschen und ihren Bedürfnissen herrscht oft Ignoranz gegenüber dem, was menschliches Dasein tatsächlich ausmacht.
Wenn sich Systeme nicht mehr an Ethik binden, droht die Welt zu verrohen. Der Mensch verliert seinen inneren Bezugspunkt, seine Fähigkeit zur Mitmenschlichkeit und sein Bewusstsein für das Ganze.
Ethik ist nicht Luxus, sie ist Lebensnotwendigkeit.
2025-11-13